x-zine.de 02/2001 Gothic I Piranha Bytes Rezension von pms Aus der Reihe "Gothic" Es tobte ein Krieg der brutaler nicht hätte sein können, Massen von Orks schlachten die Menschen dahin und dezimieren ihre Armeen ohne Gnade. Um die fallenden Soldaten zu ersetzen müssen riesige Mengen von Waffen gefertigt werden. Hierzu wurden Strafkolonien errichtet, in denen wertvolles Erz geschürft werden soll. Damit niemand aus diesem Gefängnis fliehen kann, sollte eine riesige magische Barriere erzeugt werden, die es niemanden erlaubt das Lager zu verlassen. Allerdings begangen die Magier einen grossen Fehler und die Schutzkuppel wurde grösser als vorgesehen und so waren sie selbst auch in der Kolonie gefangen. In diesem Moment gelang es den Gefangenen die verdutzt in den Himmel starrenden Wachen zu überwältigen und so die gesamte Kolonie an sich zu reissen. Da die Anführer der nun entstehenden Lager den Wert der ebenfalls gefangenen Magier richtig einschätzten, schlossen sie sich mit jeweils mit einigen von ihnen zusammen, um einen Weg aus dem riesigen Gefängnis zu ersinnen. Um ihre eigene Existenz so lange zu sichern haben sie ein Abkommen mit der Aussenwelt geschlossen: Sie schürfen weiterhin Erz und bekommen dafür alles Lebenswichtige von draussen als Bezahlung. So wurde innerhalb der Kolonie das Erz zu einem Zahlungsmittel für das viele bereit sind zu töten, denn nach allem waren fast alle Bewohner der Kolonie Kriminelle. Um Ordnung zu schaffen wurden in den drei entstandenen Lagern eine Hierarchie eingeführt, die für Ordnung sorgen sollte. Im Alten Lager schlugen die Gardisten jeden Aufruhr nieder, während die sogenannten Schatten dafür sorgten, daß die Arbeiten in den Mienen weitergingen und jeder brav seine Steuern zahlte. Im Neuen Lager hingegen sorgten Söldner und Banditen für das nötige Maß an Unterdrückung. Friedlicher ging es dafür in der Sekte der Schläfer zu. Die eifrigen Anhänger verbrachten fast den ganzen Tag mit dem Konsum von Rauschkraut, um in Kontakt mit dem mächtigen Schläfer zu treten. Allerdings müssen hier auch einige schwere Arbeiten erledigt werden, so hat niemand ein wirklich leichtes Leben, sollte er nicht zu der Elite gehören. Der Spieler selbst wird nun angeklagt, obwohl er eigentlich unschuldig ist und als Strafe für seine Taten in dieses Verließ geworfen. Bei sich hat er einen Brief, den er dem obersten der Feuermagier zukommen lassen soll. Die Belohnung hierfür sollte als guter Start in ein gemütliches Leben hilfreich sein. Wären da nicht ein paar Probleme... Nun wird man also in ein völlig unbekanntes Gebiet geworfen und kann sich glücklich schätzen von dem fähigen Raven begrüßt zu werden, denn dieser erklärt einem so manche Sitte der Kolonie. Nach diesem Gespräch steht es einem frei zu tun und zu lassen was man will, so kann man erst einmal die Umgebung erkundschaften oder sich gleich auf dem Weg in eines der Lager begeben, um sich diesem anzuschliessen. Und genau das sollte man schnell tun, denn sonst ist die Chance zu überleben sehr gering. An nahe zu jeder Ecke lauert ein Problem, seien es die herumstreuenden Monster, die einem schnell das Kampfsystem beibringen wollen oder ein paar Schläger die nichts lieber tun würden als einen um das eigene Erz zu erleichtern. Wer sich hierbei auf die ihm bekannte Steuerung verläßt ist verlassen, sprich sie ist etwas gewöhnungsbedürftig. Denn wo in anderen Third-Person-Spielen die Links/Rechts-Cursor Tasten dem Strafen (Seitwärtslaufen) dienen, wird hier eine Drehung vollführt, die man normalerweise mit der Maus macht. Eine Redifinition der Tasten ist per Menü nicht möglich, zumindest nicht in Bezug auf die Cursor-Tasten. Und wer mit den Behilfstasten nicht so recht klar kommt, der wird sich im Kampf auf simples Hack&Slay verlassen müssen. Aber erstmal genug zum Kampfsystem und zurück zu der Welt, die komplett in 3D gehalten ist. Wie schon erwähnt werden die Kämpfe in Echtzeit abgewickelt, genau wie alles andere im Spiel ebenfalls. Mit den entsprechenden Detail-Stufen, die selbst modernen Grafikkarten so einiges entlocken können, schafft die weite Landschaft die entsprechende Atmosphäre. Die detaillierte Landschaft mit Ruinen, Brücken und zahlreicher Flora und Fauna (wobei die Fauna meist aggresiver Natur ist) sorgt mit der durchgehenden Sprachausgabe für das richtige Flair. Innerhalb der drei Lager bekommt man häufig Gesprächsfetzen mit, die manchmal auch so einige Kraftausdrücke enthalten und einem so auch nicht eine heile Märchenwelt vorgaukelt, wie es bei so manch anderen Spielen der Fall ist, schnell wird man Zeuge der ganzen Unterdrückung und des Elends in der Kolonie. Der Spieler versucht natürlich schnell sich von den armen Leuten zu erheben und den Wohlstand anzusteuern. Die ehrlichen Methoden liegen den meisten Spielern nicht so und so entwickelt man sich schnell zu einem kleinen Dieb. Denn wenn die Bewohner ihrem täglichen Arbeiten nachgehen, lassen sie ihre Hütten meist unbewacht zurück und die dort stehenden Truhen warten darauf entleert zu werden. Sollte man dabei allerdings beobachtet werden, kommt der Besitzer wütend und schimpfend angelaufen und fordert einem auf seine Hütte zu verlassen. Wenn man dies schleunigst tut, geht der Besitzer wieder seiner Wege und so kann man ungewollte Konfrontationen meistens geschickt aus dem Weg gehen. Ein etwas erfolgreicher Dieb sieht sich meist verschlossenen Truhen gegenüber und muß diese versuchen mit seinen Dietrichen zu knacken. Hierzu muß der Spieler in den "Aktionsmodus" wechseln, wozu eine vorher definierte Taste dient. In diesem Modus, der für sämtliche Aktionen, selbst Kämpfe, nötig ist, muß die ganze Zeit über gedrückt gehalten werden. Die während dieser Zeit ebenfalls gedrückten Cursor-Tasten entscheiden dann, welche Aktion man ausführt. Im Falle der verschlossenen Truhe hat man dann zwei Möglichkeiten, entweder den Dietrich nach links oder nach rechts zu drehen. Um so komplexer das Schloß, um so öfter muß der angehende Dieb die richtige Richtung raten oder er darf von vorne beginnen und verliert dabei wahrscheinlich noch einen Dietrich. Dies mag für ein wenig Verwirrung sorgen, ist nach ein wenig übung aber wirklich ein praktisches System, da man so für die komplette Interaktion nicht mehr als einen Extra-Key benötigt. Das Inventar wird ebenfalls mit dieser Taste bedient, wobei die Cursor-Tasten dann für "benutzen", "geben" und "nehmen" stehen. Da dieses Prinzip bei den meisten auftauchenden Interfaces das gleiche ist, braucht man so auch nicht viel nachzuschlagen. Kommen wir nun zu dem Charakter selbst. Dieser besteht aus drei Attributen: Stärke, Geschicklichkeit und Intelligenz. Wie wohl unschwer zu erkennen ist, dient Stärke zum Führen schwerer Waffen, Geschicklichkeit zum Abfeuern von stärkeren Bögen und Intelligenz zum Benutzen von mächtigeren Zaubern. An Waffen-Fertigkeiten gibt es einmal Einhand- und Zweihandwaffen und dazu noch die Bogen- und Armbrust-Fertigkeiten. Für alle vier gibt es je drei Talentstufen: untrainiert, trainiert und Meister. Je nach Stufe ist auch das Kampfverhalten der Spielfigur anders. Der Ausbilder erzählt einem nach jedem Aufstieg ein paar Tricks und Kniffe, zum Beispiel wie man die Waffe halten sollte, um mehr Schwung zu bekommen. Und genau das tut die Figur dann auch automatisch. So bekommt selbst das Lernen einen realistischeren Touch. An sonstigen Fertigkeiten gibt es das Schleichen, Akrobatik, Taschendiebstahl und Schlösser knacken. Die letzten beiden folgen dem Aufstiegsmodell der Waffenfertigkeiten, wobei die beiden ersten entweder gekonnt sind oder auch nicht. Zusätzlich kann man noch lernen, wie man bestimmte Kreaturen ausnehmen muß, um an die wertvollen Fälle etc. zu kommen. Gekauft werden diese ganzen Talente von sogenannten Fähigkeitspunkten, die man bei jedem Levelaufstieg bekommt. Erfahrungspunkte die dafür nötig sind, erhält man nach einem bestandenen Kampf oder wenn eine Aufgabe zur Zufriedenheit des Auftraggebers erfüllt wurde. Und dies ist auch ein großer Bestandteil des Spiels: Das Aufgaben erfüllen. Hierbei muß man selber entscheiden, für welches Lager man Aufträge erledigt, wobei manchmal das Erreichen der Lager selbst schon eine große Herausforderung darstellt. Sollte man aber lieber auf eigene Faust auf Kundschaft gehen, sieht man sich schnell vor einem Problem, denn an das nötige Erz für gute Ausrüstung kommt man nicht ohne einen Gönner in einem der Lager. Und ohne eine gute Rüstung besteht man selten einen Kampf gegen mehrere Gegner. Jetzt wären wir wieder beim Kampfsystem, bei dem die eben erwähnte Rüstung meist den Ausgang eines Kampfes bestimmt. Denn großen Einfluss kann man als Spieler selbst nicht ausüben, da man nur drei unterschiedliche Schläge zur Auswahl hat, wobei diese in bestimmte Reihenfolge etwas schneller ausgeführt werden. Zum Glück passiert es aber häufiger das einem bei eine Kampf geholfen wird oder man ein Monster zur nächsten Wache locken kann, damit diese einem hilft. Sollte die Wache doch dem Monster zum Opfer fallen, kann man wenigstens ein wenig Ausrüstung abstauben, vorrausgesetzt man überlebt die Konfrontation mit dem noch lebenden Tier. So verbringt man die meiste Zeit anfangs damit vor Kämpfen davonzulaufen und Botengänge auszuführen. Dies macht allerdings mehr Spaß als man erwarten könnte, denn die sonstige Handlungsfreiheit beim Entdecken gleicht so einiges aus. So kann man das gejagte Fleisch braten, Schwerter schmieden oder einfach ein paar witzige Dialogen lauschen. Sind die ersten Botengänge erledigt, folgen auch schon kompliziertere Aufgaben, in denen man jemanden durch ein Dungeon eskortieren oder eine Mine von bösartigen Kreaturen säubern muß. Etwas merkwürdig hierbei ist, daß wichtige Nichtspielercharaktere bei diesen Aufgaben meist unsterblich sind und so gut als Schild benutzt werden können. Schnell wird dem Spieler auch klar, daß man eine wichtige Rolle in der Vernichtung des Schutzschildes wird, daß die Kolonie umgibt. Denn wie jeder andere auch, will man die ehemalige Strafkolonie so schnell wie möglich verlassen. So wird man schnell in das Hauptgeschehen gezogen und wird Zeuge einer spannenden Geschichte. Fazit: Gothic ist ein gelungenes Spiel, wobei man sich allerdings ein etwas ausgefeilteres Charakter- und Kampfsystem wünscht. Dennoch ist dieses Spiel ein Muss, erstrecht aufgrund der momentanen eher mageren Auswahl an Spielen aus dem RPG-Genre. Eine Rezension unseres Kooperationspartners pen-dragon